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 Betreff des Beitrags: Schulkinder verlernen das Radfahren
BeitragVerfasst: 19.05.2011, 10:27 
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Schulkinder verlernen das Radfahren[/b]
Von Andrea Reidl

Schlechtes Zeugnis für die Laufrad-Generation: Trotz der Übung im Kleinkindalter können Schüler schlechter Rad fahren als vor zehn Jahren. Der Auto Club Europa und die Sporthochschule Köln wollen den Trend jetzt stoppen - und mahnen die Eltern, ihren Sprösslingen mehr zuzutrauen.


Behelmte Knirpse auf Mini-Velos ohne Pedale gehören seit Jahren zum Stadtbild deutscher Groß- und Kleinstädte. In engen Schlenkern manövrieren sich bereits Dreijährige geschickt an fremden Erwachsenenbeinen vorbei, um Tauben oder dem besten Kumpel hinterher zu jagen.

Und es werden immer mehr. "Die Nachfrage nach Laufrädern steigt kontinuierlich", sagt Ralf Puslat, Geschäftsführer des Kinderfahrrad-Herstellers Pucky. Unzählige Hersteller verkaufen das Spielzeug in jeder Preisklasse und Ausstattung. Eltern wie Ärzte sind von dem Laufrad begeistert. Schließlich fördert es die Körperherrschung und kann den Grundstein legen für ein sicheres Verhalten im Straßenverkehr. Doch trotz der guten Basis scheitern viele Kinder Jahre später in der Fahrradprüfung der Grundschule.

Das Bild beim Velotraining auf dem Schulhof ist ernüchternd: Dritt- und Viertklässler können beim einhändig Fahren nicht die Spur halten, sie steuern beim Linksabbiegen auf die Gegenfahrbahn und einige haben bereits Schwierigkeiten aufs Rad zu steigen. Handicaps dieser Art beobachteten Lehrer und Verkehrserzieher vor zweieinhalb Jahren bei 72 Prozent der Grundschüler. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) hatte damals seine Umfrage von 1997 wiederholt. Das Fazit: Kinder fahren schlechter Rad als zehn Jahre zuvor.


Unsicherheiten werden auf die Kinder übertragen

"Eigentlich brauchen viele Schüler heute eine intensivere Schulung, damit ihre motorischen Schwächen ausgeglichen werden können", sagt die Sprecherin der Deutschen Verkehrswacht (DVW), Hannelore Herlan. Früher hatten Polizisten und Pädagogen mehr Zeit für die Verkehrserziehung zur Verfügung. Kinder, die im ersten Anlauf die Radplakette nicht bekamen, konnten mit den Erwachsenen ein, zwei Stunden zusätzlich trainieren. Dafür sei heute oft keine Zeit. Die Plakette bekommen Jungs und Mädchen trotzdem. Schließlich ist das Fahrtraining keine Führerscheinprüfung und soll die Kinder motivieren, weiter zu üben.

Die Verkehrserziehung bleibt Aufgabe der Eltern. Im Idealfall beginnt sie mit dem ersten Fahrrad. "Wenn Kinder vom Laufrad aufs Fahrrad umsteigen, können sie fahren, aber noch nicht am Straßenverkehr teilnehmen", sagt Achim Schmidt, Leiter des Projekts Radschlag an der Sporthochschule Köln. Eltern müssen ihre Kinder an den Verkehr gewöhnen, auf dem Weg zum Kindergarten, zum Spielplatz und später auch zur Schule. Wenn Jungen und Mädchen nicht gefördert werden, verlieren sie die Lust und ihre Sicherheit auf dem Rad.

Doch die Eltern kommen ihrer Aufgabe immer weniger nach. In rund 20 Prozent der Fälle fahren sie ihr Grundschulkind mit dem Auto zur Schule, wie eine Forsa-Umfrage ergab. Die Entschuldigung ist oftmals die gleiche: Der Verkehr. Tatsächlich hat der in den vergangenen 20 Jahren um rund 18 Prozent zugenommen.

Schmidt sieht die wahre Ursache jedoch woanders: "Eltern sind heute viel ängstlicher als vor 30 Jahren", erklärt er. "Sie sehen die Unsicherheiten ihrer Söhne und Töchter und trauen ihnen weniger zu." Selbst sportliche Pädagogen, die mit ihren Schülern zum Skifahren in die Berge fahren, zögern, mit der Klasse einen Fahrradausflug zu unternehmen. Sicherlich aus Angst vor Unfällen aber auch, weil sie glauben, dass ihre Schüler auf den angestrebten 40 Kilometern schlappmachen.


Kinder sind belastbarer als Eltern glauben

Dabei sind Kinder viel belastbarer als Erwachsene glauben. Ein durchschnittlicher Dritt -oder Viertklässler fährt mit einem normalen Rad bis zu 40 Kilometer weit. Vierzehnjährige können, gemütlich radelnd, vier bis fünf Stunden auf dem Velo verbringen und kommen etwa 60 Kilometer weit.

Um Kinder und Jugendliche zurück in den Sattel zu bringen, haben der ACE Auto Club Europa E.V., das Institut für Natursport und Ökologie der Deutschen Sporthochschule Köln und der ökologische Verkehrsclub VCD vor drei Jahren das Projekt Radschlag initiiert. Über ein Internet-Portal liefern sie Pädagogen, Eltern und Trainern kostenlos Projekt-, Spiel- und Unterrichtsideen und beraten Anrufer über eine Hotline auch persönlich.

Mit neun Schulen, Kindergärten und Vereinen starteten die Mobilitätsexperten Pilotprojekte. Fünfjährige schickte Radschlag mit zwei Erzieherinnen auf einen Rollerausflug. 30 Minuten fuhren sie zum Picknick-Platz und nach einer Pause 30 Minuten zurück zum Kindergarten. Achtklässler gingen in ihrer Begleitung im Wald mountainbiken. Vorab wurde auf dem Schulhof geübt. Wer im Gelände fahren will, muss Bodenwellen, Wurzelwege und schmale Pfade sicher bewältigen. Radschlag hat dafür einen mobilen Fahrradparcours entwickelt, an dessen Stationen die Schüler Geländesituationen auf dem Schulhof trainieren konnten.

Nils Pape, Sportlehrer an der Förderschule in Remscheid, war sich nicht sicher, ob seine Schüler eine einstündige Tour schaffen. Zwar können die zehn- bis 18-Jährigen in seinen Klassen alle Rad fahren, aber sie gelten als sozial und emotional schwierig. "Den meisten fehlt die Motivation, sich aus eigenem Antrieb anzustrengen. Sie sind nicht sehr belastbar und die Umgebung ist sehr bergig", sagt der Lehrer.

Vier Mal fuhr Pape mit seinen Schülern und Schmidt in den Wald. Anschließend trainierten die Gruppen mit ihren Pädagogen allein weiter. Erst fuhren sie eine Stunde durchs Gelände, dann zwei und später fünf Stunden bis nach Köln. Das sind etwa 50 Kilometer. Papes Fazit: Niemand ist zu nah aufgefahren, hat unabgesprochen überholt oder aufgegeben.


Vorneweg ein Lehrer mit Walkie-Talkie

Diese Erfahrung ist reproduzierbar. Das Radschlag-Team war mit kleinen und großen Schülergruppen unterwegs, in ländlicher Gegend und in der Stadt. In Gruppen mit 20 Kindern fuhren jeweils zwei Radler nebeneinander auf der Straße. Das ist erlaubt und nach Schmidts Erfahrung im Radfahrtraining die sicherste Variante. So bilden sie kompakte Gruppen und können von Autofahrern leicht überholt werden. Vorneweg leitete stets ein Lehrer mit Walkie-Talkie das Team an, ein weiterer Pädagoge bildete das Schlusslicht.

"Ausreden, nicht Rad zu fahren, finden sich immer", sagt Schmidt. Im Gegenzug finden sich jedoch selbst in schwierigen Gegenden immer Möglichkeiten, doch zu fahren. "Mit etwas Übung kann aus jedem Kind ein motorisch guter Radfahrer werden, der sich sicher im Straßenverkehr bewegen kann, erklärt der Sportdozent. "Erzieher, Eltern und Pädagogen prägen das Mobilitätsverhalten der Kinder. Sie sind die entscheidenden Multiplikatoren. Will man die kommenden Generationen zu einem nachhaltigen und effizienten Mobilitätsmanagement erziehen, muss man es den Kindern vorleben und mit Spaß trainieren."


Quelle: www.spiegel-online.de

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Lis Dammann
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