Stellungnahme von BAG PrÀsidentin Dr. Stefanie MÀrzheuser im Magazin "SICHER zuhause &unterwegs" 2/2006, Autorin Simone Wans
GDV-BroschĂŒre zur PrĂ€vention
von KinderunfÀllen
auf TĂŒrkisch und Arabisch
Ihre Oberschenkel, der Bauch und die Brust bestehen nurnoch aus Narbengewebe. Das tĂŒrkische MĂ€dchen, das die Berliner Chirurgin Stefanie MĂ€rzheuser momentan behandelt,
hatte sich vor ein paar Jahren an dem heiĂen Fett einer Friteuse verbrĂŒht. Die Verbrennungen fĂŒhren jetzt dazu, dass nur eine Brust des MĂ€dchens wachsen kann.
Sie leidet sehr unter der Entstellung ihres Körpers. âSo oft wir auch operieren, wir werden die Narben nie vollstĂ€ndig
beseitigen könnenâ, sagt MĂ€rzheuser.
UnfÀlle mit Friteusen haben dramatische Folgen, weil das Fett sehr heià wird. Erstaunlicherweise passieren solche
VerbrĂŒhungen deutlich hĂ€ufiger bei tĂŒrkischen Menschen. Ăberhaupt haben Untersuchungen der deutschen Versicherer gezeigt, dass schwere UnfĂ€lle mit bleibenden körperlichen
SchĂ€den bei Kindern nicht-deutscher Familien mehr als vier Mal so hĂ€ufig auftreten als bei deutschen. Je schwerer der Unfall, desto gröĂer der Unterschied im Risikovergleich. Insgesamt kommen fast zwei Millionen
deutsche und auslÀndische Kinder pro Jahr bei UnfÀllen zu Schaden. Von jÀhrlich rund 287.000 nach einem Unfall in Kliniken behandelten Kindern tragen rund 4.000 bleibende
SchÀden davon.
Seit zehn Jahren arbeitet Stefanie MÀrzheuser an der Berliner UniversitÀtsklinik. Gleichzeitig ist sie PrÀsidentin der Bundesarbeitsgemeinschaft
âMehr Sicherheit fĂŒr Kinderâ (BAG),
Bonn. Sie wertet penibel die Daten aus der Rettungsstelle aus und kann genau sagen, warum und unter welchen UmstĂ€nden UnfĂ€lle mit Kindern passieren. âDie Ursachen fĂŒr die HĂ€ufigkeit von UnfĂ€llen bei Migranten
sind vielfach in kulturellen Unterschieden begrĂŒndetâ, analysiert MĂ€rzheuser. Zum Beispiel wird der Samowar oft nicht so aufgestellt, wie es unter Sicherheitsgesichtspunkten ratsam wĂ€re. Schnell passiert es, dass das GerĂ€t umstĂŒrzt
und sich ein Kind verbrĂŒht. Bei TĂŒrken, Arabern oder Kroaten spielt sich zudem das Familienleben oft abends ab. Diese Tradition kollidiert nicht selten mit einem deutschen Tagesrhythmus. Bei den abendlichen Treffen sind Erwachsene und Kinder mĂŒde und es passieren UnfĂ€lle aufgrund nachlassender
Konzentration.
DarĂŒber hinaus fehlt hĂ€ufig auch das Bewusstsein fĂŒr UnfĂ€lle, weil Migranten sich oft mit anderen Problemen beschĂ€ftigen mĂŒssen, die fĂŒr sie vorranging sind. âEs ist oft kein ausgeprĂ€gtes Sicherheitsdenken oder ein vorausschauendes Denken vorhandenâ, sagt Stefanie MĂ€rzheuser. Damit sich das Ă€ndert, hat sie fĂŒr den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eine BroschĂŒre zur PrĂ€vention und Ersten Hilfe bei KinderunfĂ€llen zusammengestellt, die jetzt ins TĂŒrkische ĂŒbersetzt wurde. Die BroschĂŒre beschreibt Risikoschwerpunkte und wichtige
Verhaltensregeln zur Ersten Hilfe. So ist es zum Beispiel bei einer tĂŒrkischen Hochzeitsfeier ratsam, fĂŒr einen Extra-Raum
zu sorgen, in dem ein Erwachsener auf die Kinder aufpasst. In den Hochzeitssalons kommen 400 bis 500 Menschen zusammen â da rutschen Kinder oft aus dem Blickfeld. Nicht selten
landen sie spÀter mit Sturzverletzungen oder Verbrennungen auf Stefanie MÀrzheusers OP-Tisch.
âDie BroschĂŒre ist sehr gefragtâ, sagt Katrin RĂŒter de Escobar vom GDV. âWir wollen das Bewusstsein dafĂŒr schĂ€rfen, wo Gefahren lauern und wie Eltern ihre Kinder besser schĂŒtzen
können.â Die Bezugsadresse zur kostenlosen Bestellung: GDV-Pressestelle, FriedrichstraĂe 191, 10117 Berlin, Fax 030 / 20 20 66 04/-05, E-Mail
k.rueter@gdv.org.oder zum Download unter
www.gdv.de
Autorin: Simone Wans (arbeitet als freie Journalistin in MĂŒnchen) in "Sicher zuhause & unterwegs" 2 / 2006